NIXDORF MEDIEN  AHNENKULT - Es beginnt in den 1880ern   

 

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Menschen, die nicht auf ihre Vorfahren zurückblicken, werden auch nicht an ihre Nachwelt denken.
Edmund Burke

Hier gelangt man zum Kapitel I / II / III / ...

Der AHNENKULT oder schlicht: EINE DEUTSCHE FAMILIE im Visier (Kapitel I)

Die Geschichte, die ich (siehe Portfolio) hier erzählen möchte, beginnt im frühen Deutschen Kaiserreich. Gerade erst gegründet, entstand damit verbunden 1871 der erste deutsche Nationalstaat, in dem die konstitutionelle Monarchie herrschte und der laut seiner Verfassung ein "ewiger Bund" der dt. Fürsten und der Senate der Freien Städte war. Und meine Vorfahren waren mittendrin im Geschehen dieser Epoche! Die einen kamen aus gutem bürgerlichen Hause und die anderen waren Lohnarbeiter, die als Schnitter auf den Gütern arbeiteten.

Betrachte ich mir die heutige Zeit, dann spiegelt sich diese in den Erzählungen meines Vaters, die er von seinem Vater gehört hatte, wider. Denn auch damals schon führten gesellschaftsbedingte Konflikte immer wieder zu Not und Gewalt. (Wann eigentlich nicht?) Es ist schlimm, mitanzusehen, wie leichtgläubig und aggressiv gegenüber jedem vernünftigen Rat die Menschen heute erneut ins eigene Verderben laufen. Damit nicht genug. Sie reißen auch andere mit in den Abgrund.

Ich möchte daher auf diesen Seiten einfach nur meine/ unsere Geschichte erzählen, denn es ist eine deutsche Geschichte und sie ist lehrreich bzw. kann es sein, wenn man sie liest. Das größte Problem besteht allerdings darin, dass die Menschen immer weniger in der Lage sind, mehr als drei Zeilen zu lesen und (auch) zu verarbeiten.

Wir leben in einer Welt der Schlagzeilen, der Werbung und der Computer. Und des Profits sowieso. Und diese Faktoren beeinflussen unbestreitbar den Geist. Wenn man betrachtet, welche Leute die Welt heute beherrschen, dann begreift man, dass es wiederum nichts Gutes verheißt. Aber ich schweife schon wieder ab. Wer sich dem Lesen hier hingibt, wird jedenfalls nicht tot umfallen. In diesem Sinne viel Vergnügen!

Bauern und Bürger/ Der gesellschaftliche Stand meiner Urgroßeltern väterlicherseits um 1880

Die Vorfahren meines Vaters stammen aus Schlesien und aus dem damaligen Südpreussen

Die oben gezeigten Familienbilder entstanden vor etwa 145 Jahren! Eine Zeitspanne, in der historisch betrachtet viel geschah. Vergleicht man die zwei Fotografien miteinander, dann fällt unschwer auf, wie gegensätzlich die gesellschaftliche Stellung der Familie meiner Großmutter (ihrer Eltern) und die der Familie meines Großvaters (seiner Eltern) war.

Die einen - die Familie Erling aus Bierzno/ Turek - waren sogenannte Schnitter, die in der Erntesaison bzw. den ganzen Sommer über auf dem Gut in Kurzen Trechow (Hennecke von Plessen) und auch andersow tätig waren, wo Arbeitskräfte in der Landwirtschaft benötigt wurden. Aus dieser Familie stammt Katharina Nixdorf, meine Großmutter, geboren 1907. Die tragische Geschichte dieser Linie wird noch erzählt werden.

Der andere Klan stammt aus Ratibor in Schlesien. Dieser Linie entspringt Willi Nixdorf, mein Großvater, geboren 1897. Bevor Katharina und Willi im kleinen idyllischen Ackerbürgerstädtchen Bützow landeten, ging dem viel voraus. Solch historische Ereignisse wie der WK,I und WK,II zum Beispiel - Katastrophen für die ganze Menschheit!

Darauf bezogen aber dennoch von vielen Bürgern begrüßt und gefördert. Laut Familiensaga erwarb Willis Verwandtschaft nämlich vor dem I. Weltkrieg Kriegsanleihen im Wert von 10.000 Goldmark! Ob's stimmt? Auf jeden Fall waren es kaisertreue Patrioten, auch wenn Landesteile von Schlesien ja erst frühestens 1742 an Preussen fielen. Aber immerhin: Hip Hip Hurra und Helm ab zum Gebet!

Die Ahnengeschichte meiner Mutter

Diese ist hier schnell erzählt, einfach deswegen, weil ich darüber nur sehr wenig weiß. Meine Mutter Heidi Nixdorf wurde 1943 in Bützow als eine von 3 Schwestern geboren. Bis zur "Wende" war sie Krippenleiterin der Krippe "Bummi" in benannter Stadt in der Gartenstrasse 29. Maria, ihre Mutter und meine Großmutter, war indes eine von 3 Töchtern der Familie Landers. Zudem hatten beide (Mia und Heidi) noch einen Bruder.

Bist Du überhaupt ein Bützower oder Mecklenburger?

Schankwirt Willi Landers (1895-1966), mein Urgroßvater mütterlicherseits und Vater von Maria (meine Großmutter), stammt ursprünglich aus dem Rheinland und seine Frau Paula Landers - eine geborene Verhoeven (1899-1954) - aus den Niederlanden. Warum sie ihr Weg Anfang des 20. Jh. nach Bützow führte, ist leider nicht bekannt. Auf jeden Fall war soviel Erspartes (oder Vererbtes) vorhanden, dass sie dort eine Gastwirtschaft eröffnen konnten. Darüber wird im nachfolgenden Text noch berichtet.

Meine Großmutter Maria Landers (später Klemann, Heise) hatte zwei Schwestern (Käthe, Christel) und einen Bruder (Willi Jr.) und - wie schon erwähnt - ebenfalls drei Töchter und einen Sohn. Letzterer - mein Onkel Norbert - ging in den Westen, als die Grenzen noch offen waren und galt kurz danach als verschollen. Selbst das Rote Kreuz konnte keine Daten zur Person liefern.

Weil damals in der Bundesrepublik eine große Werbekampagne der Fremdenlegion stattfand, vermuten wir, dass er sich dort anwerben ließ. Die staatlich registrierte Person als solche verschwand mit dem Fahneneid nämlich aus jeder dt. Amtsstube. Es gab sie nicht mehr! Dort, wo wir als Kinder wohnten (Am Ausfall 15), konnte man im Kartoffelkeller noch seinen Namen finden, den er mit Kerzenruß an die Decke geschrieben hatte.

Käthe Landers (Marias Schwester) heiratete später den Malermeister Fritz Jochens. Sie wohnten "An der Bleiche" in Bützow. Soviel mir bekannt ist, bezieht sich der Straßenname auf die Zeit, in der das Leinen oder die Wäsche noch im Stadtgraben gewaschen wurde und anschließend in der Sonne bleichte, damit beides weiß wurde. Der Name kann aber auch in Verbindung zur damaligen Papierfabrik stehen. Aber Papier wurde bestimmt nicht dort gebleicht. Vielleicht weiß der eine oder andere Bützower ja Bescheid.

Wie früher die Wäsche gebleicht wurde

Sehr viel später wurde dann noch ein Willi Landers geboren. Soviel später, dass er in der Schule in die Parallelklasse der ältesten Tochter seiner Schwester ging. Willi L. Junior wurde trotz seines späten Erscheinens in den 60er Jahren sogar Weltmeister im Kanusport. Und eine seiner Schwestern (Christel) wurde Richterin! Wer hat schon so jemanden in der eigenen Familie?!

Marianne und Siegrun, die zwei Schwestern meiner Mutter und Töchter von Mia Landers, lebten, solange ich sie kannte, in Rostock (Evershagen/ Lichtenhagen). Siggi erlernte den Beruf des Fotografen und Maja war bis zur "Wende" bei der Zivilverteidigung beschäftigt.

Die Landers betrieben in Bützow am Ellernbruch eine Gastwirtschaft mit Saal, in dem vor allem Tanz- und Sportveranstaltungen stattfanden sowie auch Versammlungen der KPD. Ich selbst boxte in den 70er Jahren noch dort im Saal. Unser Trainer Adolf Meier aus Baumgarten hat uns jedenfalls gut gefordert! Drei seiner Söhne (Thomas, Uwe, Jan) und ein Cousin (Bernhard) waren natürlich auch im Boxsportverein Dynamo Bützow. Mit Thomas boxte ich sogar in einem Vorkampf während der Meisterschaften DDR gegen Italien Anfang der 80er Jahre.

Durch die Nähe zum Sportplatz und vor allem durch den enormen Fleiß meiner Urgroßmutter Paula - sie kochte und bediente im Saal und Willi stand am Bierhahn an der Bar - lief das Geschäft am Ellernbruch zeitweise recht gut! Als sie starb und die Familie Böttcher Einzug hielt, ging es langsam bergab.

Einigen älteren Bützowern müsste Mia Landers noch bekannt sein. Viele wird es aber wohl nicht mehr geben, die in jungen Jahren Ende der 50er ihre Eintrittskarten für die Tanzveranstaltung bei Frau Landers - der Tochter aus gutem Hause - kaufen mussten.

Mit dieser kleinbürgerlichen Einstellung hatte übrigens auch mein Vater als Ehemann von Heidi (Tochter von Mia Landers) zu kämpfen.

Er war schließlich "nur" ein Arbeitersohn, was weiter oben im Text (unwichtigerweise) widerlegt wird. Die Spießigkeit war indes nicht selten anzutreffen in bestimmten Kreisen im kleinen Ackerbürgerstädtchen Bützow. Jedenfalls hatten Dieter Nixdorf (mein Vater) und seine Bande aus Flötendörp (Bahnhofsviertel), ganz schön derbe Späße auf Lager, wenn die gestrenge Mia sie nicht ins Lokal ließ.

Meine Großmütter Maria Landers und Katharina Nixdorf in jungen Jahren

Die Kinderkrippe "Bummi" in der Gartenstrasse

Der interessierte Leser weiß bereits durch das Berichtete, dass meine Mutter als Krippenleiterin in der DDR tätig war! Ergänzend wird an dieser Stelle erwähnt, dass sie nicht, wie heutzutage üblich, eine angelernte Quereinsteigerin war, sondern den äußerst anspruchsvollen Beruf einer "Säuglingsschwester" erlernte!

Sie erlangte hierbei nicht nur Fachwissen im Bereich der Kinderpsychologie und Pädagogik - ein Muss für die gute Betreuung der Kinder - sondern ebenso medizinische Kenntnisse. So durfte meine Mutter sogar Impfungen (Tetanus, Masern, Windpocken, ...) durchführen, wo sonst nur medizinisches Personal in Schulen etc. zugelassen war.

Als ich 1966 geboren wurde, hat meine Mutter von dem Erziehungsurlaub, der bis zu einem Jahr dauern konnte, nur ein halbes Jahr genutzt, weil sie wieder arbeiten wollte. Ich kam natürlich auch in die "Bummi"!

Und "Tante Heidi", wie sie von den Kindern überall gerufen wurde, war zwar (später) staatliche Leiterin, aber als solche nicht zwingend Mitglied der SED. Stattdessen war sie im FDGB, im Motorsport- und Gartenverein und im Demokratischen Frauenbund Deutschlands.

Die Kinder lernten in den Krippen und Kindergärten gezielt den kollektiven Umgang miteinander, also das Abgeben, das Spielen, das Tasten und Begreifen und nicht zuletzt auch das Sprechen! Soziales Verhalten eben! Nicht zu vergessen ist zudem die erlernte Hygiene von klein auf an durch das kollektive Händewaschen vor den Mahlzeiten oder bei den älteren "Windellosen" nach jedem Geschäft. In der Regel hat von uns keiner mehr im Alter von 2 Jahren noch die Windeln gebraucht. Aber man sagt ja heute im Allgemeinen, das hätte der Entwicklung und Psyche extrem geschadet!

Windeln wurden damals im Übrigen noch in riesigen Kochwäschebehältern in der Krippe gewaschen! Man vergleiche das alles mit der heutigen arbeitslosen Mutter, die ihr Kind die überwiegende Zeit des Tages ins Laufgitter sperrt und selbst lieber in Singlebörsen chattet. (Selbst erlebt im Goldenen Westen.) Oder mit Einrichtungen, wo Fachkräftemangel und das Millieu der Kinder Bände sprechen ...

Heidi Nixdorf auf der 750 Jahrfeier in Bützow 1979 I und als stolzes Mitglied des ADMV

Abschließend braucht nur noch gesagt werden, dass die Frauen in der DDR seit der Gründung 1949 dem Mann gegenüber gleichberechtigt waren, während sie im anderen Deutschland noch die Einwilligung des Gatten benötigten, um arbeiten zu "dürfen"! Der Bundestag macht die Gleichbehandlung von Mann und Frau erst am 25. Juni 1980 (!!!) zum Gesetz. Die "Ostfrauen" waren, wie man es selten lesen kann, Ärztinnen, Krahftfahrerinnen und Traktoristinnen, waren wahlberechtigt, hatten das Recht auf Abtreibung und konnten auf liberales Scheidungsrecht zurückgreifen!

So, das erste Kapitel ist glücklicherweise geschafft, denn ich finde den Anfang immer extrem schwierig. Leser, die bereits vorbeigeschaut haben, werden die vielen textlichen Veränderungen mitbekommen haben. Nun gut. Im nächsten Kapitel wird es um Wilhelm und Katharina Nixdorf gehen. Bis dahin.

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